Reichhaltige Einfachheit
Wenn ich an Weihnachten in den Fünfziger- und Sechziger Jahren zurück denke, war da eine reichhaltige Einfachheit im Vergleich zur Konsumweihnacht des Überflusses von heute. Damals war jedes Geschenk etwas besonderes, heute irgendwie bereits Selbstverständlichkeit. Als Bub erfreute ich mich jeder Kleinigkeit, vom Bastelbogen für ein Schiff aus Papier oder die Teile eines Kunststoffhäusle für die Landschaft der Spielzeugeisenbahn von Märklin. Für mein erstes Fahrrad wurde mein Sparkässle geplündert und die Eltern legten das Doppelte darauf. Trotzdem war das Fahrrad unterm Weihnachtsbaum die grosse Überraschung. Davor war ich mit einem einfachen Roller mit Karacho unterwegs oder auf Rollschuhen mit scheppernden Metallrollen. Schutzhelm oder Knieschoner gab es nicht. Meine Generation war hart im Nehmen. Stürze gab es mit aufgeschürften Knien. Man biss die Zähne zusammen, schleckte die Wunden ab und weiter rollte das bunte abenteuerliche Leben.
Mutter bestellte vor Weihnachten immer einen Karton mit leckeren Lebkuchen und süssen Dominosteinen bei Schmidt in Nürnberg. Dazu backte sie selbst verschiedene Sorten leckerster Plätzle und mehrere Stollen, die bis in den Januar reichten. Das war damals unser Himmel auf Erden. Es war alles etwas einfacher, aber reichhaltig an Gefühlen und liebevoller Gemeinschaft.
Heute im Überfluss, wo man schon überlegen muss, was man überhaupt noch schenken kann, was nicht schon in einer Ecke liegt, ist der Reiz der Überraschung verflogen. Die Erwartung ist da und irgendwie selbstverständlich geworden. Das Fluidum der Erfüllung von Träumen ist rar geworden. Schade, da damit etwas verloren geht und der tiefere Sinn von Weihnachten dazu. Ilussionen verblassen, da alles zu haben ist, wenn der Geldbeutel oder Bankkredit es hergibt. Auch ein Stück Menschlichkeit weicht der Gier alles haben zu müssen. Man wird zum Sklaven einer raffinierten Wirtschaft, die alles vorgaukelt um selbst durch guten Umsatz bestehen zu können. Ich habe mich diesen Zwängen und Süchten schon lange entzogen und suche wieder diese „heilige“ Einfachheit dieses Festes der Liebe. Nicht zu konsumieren ist Selbstliebe und Glück. Genuss von Momenten ohne Zwang etwas erfüllen zu müssen. Einfach nur geben, was einfach ist und aus dem Herzen kommt.
Peter Burger